Samstag, 29. Juni 2013

Die private Altersvorsorge hätte also nicht sein brauchen - stattdessen hätte genauso -und wahrscheinlich sicherer- aufs eigene Konto bei der gesetzlichen eingezahlt werden können!

Staatliche Förderung der Privaten Altersvorsorge

Der Staat fördert unter bestimmten Bedingungen die private zusätzliche Altersvorsorge: mit finanziellen Zuschüssen (Riester-Zulagen) und mit Extra-Steuerersparnissen (zusätzlicher Sonderausgabenabzug).
Seit 2002 gibt es bei der privaten Altersvorsorge eine grundlegende und tief greifende Neuerung: Der Staat fördert unter bestimmten Bedingungen die private zusätzliche Altersvorsorge auf zwei Wegen: mit finanziellen Zuschüssen (Riester-Zulagen) und mit Extra-Steuerersparnissen (zusätzlicher Sonderausgabenabzug). Das macht das notwendige Sparen für später bedeutend einfacher, lohnender und zuverlässiger.
Mit dem seit Beginn des Jahres 2005 eingeleiteten Übergang zur nachgelagerten Besteuerung wurden außerdem die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten für Aufwendungen zur Altersvorsorge grundlegend verbessert. Damit wurde besonders für Selbständige die Möglichkeit eröffnet, staatlich gefördert eine Altersvorsorge aufzubauen (so genannte "Basis-" oder "Rürup-" Rente).
Wer einen Teil seines Einkommens in den Aufbau einer privaten zusätzlichen Alterssicherung investiert, erhält vom Staat Zulagen. Die Höhe der Zulagen richtet sich nach der Höhe der Eigenbeiträge. Wer seinen Mindesteigenbeitrag einbringt, erhält die volle Zulage. Wer den Mindesteigenbeitrag nur teilweise erbringt (zum Beispiel 50 Prozent), erhält eine anteilige Zulage (also in diesem Fall die Hälfte der vollen Zulage). Die erforderliche Gesamtsparleistung (Mindesteigenbeitrag plus Zulage) steigt bis zum Jahr 2008 schrittweise auf vier Prozent des sozialversicherungspflichtigen Vorjahreseinkommens. Wichtig: Niemand muss diese Sparleistung allein aufbringen. Der Staat übernimmt mit den bis 2008 ebenfalls schrittweise steigenden Zulagen schon einen Teil der Gesamtsparleistung. Die Eigenvorsorge besteht also aus dem Eigenanteil und der Zulage, die der Staat direkt in den Altersvorsorgevertrag einzahlt. Gewährt werden eine Grundzulage sowie eine Kinderzulage für jedes Kind, für das Anspruch auf Kindergeld besteht.
Eigenbeitäge und Zulagen
Jahre
Anteil des Vorjahreseinkommens einschließlich der Zulagen
Grundzulage für Alleinstehende
2007
3 Prozent
114 Euro
ab 2008
4 Prozent
154 Euro
Bei Ehepaaren erhalten beide Partner jeweils die Grundzulage, wenn sie beide einen eigenen Vertrag zur zusätzlichen Altersvorsorge abschließen. Ist nur einer der Partner direkt förderberechtigt, reicht es aus, wenn nur er seinen Eigenbeitrag leistet.
Mit der Kinderzulage fördert der Staat besonders Familien bei der zusätzlichen privaten Altersvorsorge. Die Kinderzulage erhält bei zusammenlebenden Ehepartnern grundsätzlich die Mutter, andernfalls derjenige Elternteil, der das Kindergeld erhält. Auch die Kinderzulage steigt bis 2008 schrittweise an.
Jahre
Zulage für Ehepaare, bei denen jeder Partner einen eigenen Riester-Vertrag hat
Zulage für jedes
kindergeldberechtigte Kind
2007
228 Euro
138 Euro
ab 2008
308 Euro
185 Euro1) bzw. 300 Euro2)
1) Vor 2008 geborene Kinder
2) Nach 2007 geborene Kinder
Im Rahmen der Riester-Rente hat der Staat - neben der Zulagenförderung - die Möglichkeit eines zusätzlichen Sonderausgabenabzugs geschaffen. Geltend gemacht werden können - unabhängig vom individuellen Einkommen - folgende Altersvorsorgeaufwendungen (Eigenbeiträge plus Zulagen):
Zusätzlicher Sonderausgabenabzug
Jahre
Maximale jährliche Sonderausgabenabzugsbeträge für Altersvorsorgeaufwendungen
2007
1.575 Euro
ab 2008
2.100 Euro
Ab 2008 können also im Rahmen der Einkommensteuererklärung bis zu 2.100 Euro jährlich als zusätzliche Altersvorsorgeaufwendungen (geleistete Eigenbeiträge und staatliche Zulagen) steuermindernd geltend gemacht werden - auch wenn dies mehr als vier Prozent des sozialversicherungspflichtigen Einkommens sind. Das Finanzamt prüft automatisch, ob und um gegebenenfalls wie viel die Steuerersparnis höher ist als die Zulagenförderung. Ist die Steuerersparnis größer als die Zulagen, so zahlt das Finanzamt den Teil der Steuerersparnis, der die Zulagen übersteigt, als Steuerrückzahlung aus. Darüber hinaus bleiben in der Ansparphase auch die Zinsen und Erträge steuerfrei.
Dieser umfassenden steuerlichen Entlastung in der Ansparphase steht die volle Besteuerung der Leistungen in der Auszahlungsphase gegenüber (nachgelagerte Besteuerung).
Nachgelagerte Besteuerung bedeutet, dass Alterseinkünfte erst versteuert werden, wenn sie dem Steuerpflichtigen ausgezahlt werden - im Alter. Dafür bleiben Beiträge zur Altersvorsorge in der Erwerbsphase bis zu einem jährlichen Höchstbetrag unversteuert.
Stand: 10.01.2007

Mittwoch, 26. Juni 2013

Wer das hier liest,muss beinah zu der Auffassung kommen,dass mit Erdogan erstmal über anderes als den EU Beitritt zu reden ist!

„Die Jugend ist Erdoğans Albtraum“

Für den Aktivisten und Politiker Bedri Baykam sind die aktuellen Proteste das Finale seines 26-jährigen Kampfes gegen die Islamisierung der Türkei. Wie das Endspiel aussieht und was die EU und andere Beobachter jetzt tun müssen, schildert er im Gespräch mit Martin Eiermann.
The European: Wie ist momentan die Situation in Istanbul?
Baykam: Die Sonne scheint, der Sommer ist heiß und die Politik steckt in der Krise.
The European: Schauen Sie für uns zurück: Wie hat sich die Türkei in den vergangenen drei Wochen verändert?
Baykam: Da müssen Sie weiter zurückschauen als nur drei Wochen! Ich kämpfe seit 26 Jahren gegen die Politisierung des Islam. In den späten 1990er-Jahren lag die Inflation in der Türkei teilweise bei 90 Prozent und viele Menschen haben sich damals von den Versprechungen religiöser Parteien vereinnahmen lassen. Es war eine gefährliche Zeit, auch wenn viele Politiker das nicht wahrhaben wollten und zu viele Kompromisse eingegangen sind. Dazu kommt, dass die politische Landschaft hier sehr uneben war. Es gab drei Parteien links der Mitte und drei rechts der Mitte und alle haben sich gegenseitig Stimmen weggenommen – anders als in der Zeit zwischen den 1950er-Jahren und den 1990er-Jahren, als die Linke fast die Hälfte der Wählerstimmen gewinnen konnte und gut zusammenarbeitete. Heute ist sie engstirnig und weniger bedeutend, es gibt keine Solidarität mehr. Erdoğan hat diese Situation ausgenutzt und seine politische Macht sukzessive ausgebaut. Als das Oberste Gericht seine alte Partei aufgrund anti-säkularer Umtriebe verbot, gründete er 2001 einfach eine neue Partei.

The European: Die AKP, die derzeitige Regierungspartei.
Baykam: Genau. Die Partei gewann 2002 zwar nur ein Drittel der Stimmen, aber zwei Drittel der Sitze im Parlament, da die meisten kleinen Parteien aufgrund der Zehn-Prozent-Hürde den Einzug verpasst haben. Viele Wählerstimmen sind damit ganz einfach verfallen! Aber ich will nicht nur das System verantwortlich machen. Die Oppositionsführer haben nicht verantwortlich gehandelt, haben nur an das eigene Mandat und den eigenen Parteiposten gedacht und nicht miteinander kooperiert.
The European: Das zeigt sich auch heute noch. Die Proteste wurden schließlich nicht von Parteien organisiert, sondern haben eine bunte Koalition aus verschiedenen Gruppen und Organisationen gemeinsam auf die Straße und in den Gezi-Park getrieben – oder sehen Sie das anders?
Baykam: Die Jugend hat nicht mehr das Gefühl, dass sie in der Parteipolitik zu Hause ist. Das gilt auch für meine eigene Partei CHP, die türkischen Sozialdemokraten. Viele junge Menschen waren apolitisch, wollten Spaß haben, Musik hören, reisen. Ich bin viel durch das Land gereist und habe Reden gehalten und im Publikum saßen dabei meistens ältere Menschen, die sich um die Zukunft des Landes und um die Islamisierung gesorgt haben. Leider hat keine der Oppositionsparteien realisiert, welchen Wert die junge Generation der Freiheit beimisst. Das ist einer der Gründe, warum wir im neuen CHP-Programm jetzt fordern, dass junge Männer und Frauen jeweils zu 25 Prozent in der Politik repräsentiert sein müssen.
„Claudia Roth und Daniel Cohn-Bendit haben sich täuschen lassen“
The European: Die politische Entwicklung der Türkei hat sich auch vor dem Hintergrund eines möglichen EU-Beitritts abgespielt. Das Argument der Europäer war dabei immer, dass die Bedingungen eines Beitrittsverfahrens mitverantwortlich für die wirtschaftlichen und politischen Reformen in der Türkei sind und das Land demokratischer gemacht haben, als es unter dem Kemalismus war.
Baykam: Die AKP ist schon immer gegen Säkularismus und Demokratie, aber sie haben Europa glauben lassen, dass sie gute Reformpolitik machen. Sie haben Leute wie Claudia Roth oder Daniel Cohn-Bendit einfach getäuscht. EU-Vertreter kamen in die Türkei und haben dann gesagt bekommen: „Seht her, hier gibt es keine Folter, wir machen dieses und jenes anders und wir haben das Gesetz geändert.“ Europa hat geglaubt, dass Erdoğan politisch mit den Christdemokraten vergleichbar ist und als Vorbild für den Nahen Osten fungieren kann – dabei hat er versucht, unser Land immer stärker an den Iran anzugleichen. Die Regierung hat nie geplant, wirklich in die EU einzutreten: Europa hat die Türkei als Exportmarkt benutzt und Erdoğan hat den Beitrittsprozess benutzt, um sich politische Gegner vom Hals zu halten. Er hat der Armee gesagt: „Ihr könnt mir nichts anhaben, solange wir verhandeln. Ihr wollt doch die EU nicht verschrecken.“ In Europa haben Journalisten dann meistens geschrieben, dass die Reformen voranschreiten und die faschistischen Gesetze aus der Zeit des Kemalismus neu geschrieben werden. Wir haben damals schon in die Welt hinausgeschrien, dass ihr einem Trugbild aufsitzt.

The European: Trotzdem war Erdoğan sehr populär …
Baykam: Es gab schon 2007 eine Protestwelle in Städten wie Ankara, Izmir und Istanbul. Die derzeitigen Proteste haben einen anderen Auslöser, aber viele der Organisatoren von 2007 waren auch jetzt wieder ganz von Anfang an dabei. Seit 2007 ist aber viel passiert: Erdoğan hat zwei große Gerichtsprozesse angestrengt, den Ergenekon-Prozess und den Balyoz-Prozess, in dem Künstler, Schriftsteller, Professoren, Journalisten und Generäle beschuldigt wurden, einen Umsturz geplant zu haben. Die Polizei ist in die Wohnungen von Schriftstellern eingedrungen und hat ihre Bücher und Notizen konfisziert und Leute verhaftet. Seit fünf oder sechs Jahren sitzen sie jetzt ohne Anklage in Haft!
In einem Rechtsstaat kann man jemanden verhaften, wenn es einen begründeten Verdacht und Beweise gibt. In der Türkei ist es umgekehrt: Erst wird verhaftet, dann sucht die Polizei nach Beweisen für die Schuld des Gefangenen. Dogu Perincek, der Vorsitzende der Arbeiterpartei, sitzt seit sechs Jahren in Haft. Seine Partei ist klein, aber wichtig, denn sie kontrolliert eine gute Zeitung und einen Fernsehsender. Der Direktor der Universität von Malatya, Fatih Hilmioglu, wurde als angeblicher Initiator eines Staatsstreichs verhaftet. Sein Verbrechen war, dass er an der Universität für Säkularismus und Kemalismus eingetreten ist. Mehmet Haberal, Präsident der Bashkent-Universität in Ankara und ein bedeutender Transplantationschirurg, sitzt seit fünf Jahren im Gefängnis. Puncay Özkan, Eigentümer eines oppositionellen Fernsehsenders, ist ebenfalls seit fünf Jahren inhaftiert, genauso wie Mustafa Balbay, Leitender Redakteur der linksgerichteten Zeitung „Cumhüriyet“. Redakteure der größten türkischen Zeitung „Hüriyet“ wurden gefeuert, nachdem die Herausgeber Anrufe von den Behörden bekommen hatten. Sie fragen immer noch: „Was haben wir verbrochen? Wie lautet die Anklage?“
The European: Wovor hat Erdoğan Angst? Vor dem Säkularismus oder vor Konkurrenten um politische Macht? In der Türkei gibt es beispielsweise die Vorstellung eines tiefen Staats aus den Zeiten des Kemalismus, also eines Schattennetzwerks aus Politik und Militär, das immense Macht ausüben kann. Viele Beobachter teilen diese Einschätzung mit Abstrichen. Erdoğan hat in der Vergangenheit immer wieder argumentiert, dass diese alten Strukturen zerbrochen werden müssten – und hat das als Rechtfertigung für die Verhaftung von Oppositionellen benutzt.
Baykam: Erdoğan hat seine Gegner immer wieder beschuldigt, einen Staatsstreich zu planen. Ihre Antwort: „Wir wollen lediglich die demokratische Opposition organisieren und die AKP ablösen.“ Die Regierung versucht, eine Verschwörung zu erfinden und dann eine ganze Reihe an politischen Gegnern zu verhaften. Erst waren es die Schriftsteller und Künstler, im Balyoz-Prozess dann auch wichtige Armeegeneräle. Erdoğan hat versucht, sie miteinander in Verbindung zu bringen und als Verschwörer zu brandmarken. Die AKP hatte ein Klima der Angst geschaffen – ich benutze hier ganz bewusst die Vergangenheitsform, denn in den vergangenen Wochen hat sich ganz viel verändert – und die Telefone der Opposition angezapft. Kritik an der Regierung hat man sich gegenseitig ins Ohr gewispert, weil man nie sicher sein konnte, ob man nicht belauscht wird. Die Opposition war paralysiert, die Armee ist seit der Verhaftungswelle eher tot als lebendig und die Medien halten still. Das konnte man am 29. Mai genau beobachten.

The European: Fast alle türkischen Fernsehsender haben unschuldige Dokus gezeigt, anstatt über die Proteste zu berichten.
Baykam: Die haben Berichte über Pinguine gezeigt! Nur drei Spartenkanäle, darunter auch der Sender der Arbeiterpartei, haben wirklich berichtet. Den Medien fehlt das Rückgrat, um über die Ereignisse in der Türkei zu berichten. Wir nennen sie jetzt die „Pinguin-Medien“. Pinguine sind zum Symbol für große Medienhäuser geworden, die offensichtlich ihren Mut und auch den Sinn für die Realität verloren haben.
„Es ist fast wie in einem Charlie-Chaplin-Film“
The European: Lassen Sie uns noch einmal über die Jugend sprechen. Warum ist diese scheinbar apolitische Generation gerade jetzt auf die Straße gegangen?
Baykam: Wir waren lange Zeit sehr traurig, dass die Jugend nicht politisch aktiv war. Vor eineinhalb Jahren haben wir eine Künstlerinitiative gegründet und gesagt: „Wir weigern uns!“ Wir weigern uns, politische Dekrete zu akzeptieren. Wir weigern uns, eine undemokratische Regierung zu unterstützen. Wir weigern uns, in islamische Traditionen gezwungen zu werden. Die meisten unserer Unterstützer kamen aber immer noch aus den älteren Generationen. Wir waren also enttäuscht und haben deshalb eine wichtige Veränderung nicht bemerkt: Erdoğan hat die Lichter der Demokratie ganz langsam gedimmt – bis er die Armee und die Presse ausgeschaltet hatte. Seitdem treibt er den konservativen Wandel entschlossener voran und hat das Gesetz an sich gerissen. Die Richter des Obersten Gerichts werden vom Justizministerium ernannt, was wiederum dem Premierminister untersteht. Die Islamisierung der Türkei schreitet voran, Erdoğan hat Gesetze vorgeschlagen, die den Konsum von Alkohol einschränken würden oder Abtreibung und Kaiserschnitte verbieten würden. Ein Gericht hat sich sogar mit der Legalität verschiedener Sex-Positionen befasst! Sie haben gar keine Ahnung, mit welchen Dummheiten wir hier zu kämpfen haben. Es ist fast wie in einem Charlie-Chaplin-Film.
The European: Die Proteste sind ausgebrochen, weil es plötzlich um das Privatleben der Menschen geht?
Baykam: Die Regierung hat unseren Lebensstil und unsere Stadt angegriffen. Können Sie sich vorstellen, dass die französische Regierung die Champs d’Élysées planiert oder dass die Briten den Piccadilly Circus einstampfen? Die Pläne zur Zerstörung des Gezi-Parks stehen also am Ende der Geschichte, die ich Ihnen seit dreißig Minuten erzähle. Der Park war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Daraus ist ein Tsunami geworden: Die Jugend, die wir alle immer für unpolitisch gehalten haben, ist zu Erdoğans größtem Albtraum geworden. Nach zwanzig Jahren im politischen Koma kamen auf einmal alle auf die Straße: junge Menschen, Arbeiter, Arbeitslose, Manager, bürgerliche Familien, Bankiers, Künstler, Gemüseverkäufer, Taxifahrer, alle! Der Hass hat sie geeint. Erdoğan hat gesagt, dass man die Bäume an anderer Stelle ja erneut pflanzen könne – aber es geht doch schon lange nicht mehr um einen Park! Grünflächen sind wichtig, aber hier geht es um so viel mehr als das.

The European: Sie beschreiben ein tief verwurzeltes Machtgefüge. Jetzt ist der Park geräumt und das Zeltlager aufgelöst. Kann die bunte Protestbewegung es denn überhaupt schaffen, den Widerstand gegen Erdoğan ähnlich tief zu verwurzeln? Ansonsten dürfte dieser Protest doch ein relativ singuläres Ereignis bleiben.
Baykam: Sie fragen jemanden, der einen Teil dieser Last auf seinen Schultern tragen wird. Ich kenne viele der Organisationen und habe schon lange um den Taksim-Platz gekämpft. Ich bin seit 26 Jahren Teil des Widerstands. Das Wichtigste ist, dass die sozialdemokratische CHP sich für alle Demonstranten öffnet und wieder solidarisch denkt. Viele junge Menschen fühlen sich in keiner Partei zu Hause und sie müssen auch nicht mit Herzblut CHP-Mitglieder werden, aber sie müssen bei den kommenden Wahlen für die CHP stimmen. Wenn das nicht passiert, war die ganze Energie umsonst. Erdoğan darf nicht noch einmal die Wahlen gewinnen – denn wenn er wieder siegt, dann wird er sagen: „Ihr habt zwar viel Krach gemacht, aber der Herrscher der Türkei bin weiterhin ich.“
The European: Eine große Herausforderung – zumal das Vertrauen der Jugend in politische Parteien ja nicht nur in der Türkei sinkt, sondern auch in vielen EU-Ländern.
Baykam: Es wird sehr schwierig werden, die Leute davon zu überzeugen, dass wir jetzt gemeinsam wählen müssen. Und es wird schwierig werden, die Parteien aus ihrer Isolation herauszuholen und zur Zusammenarbeit zu bewegen. Unser erstes Ziel muss sein, die derzeitige Regierung auf demokratischem Weg abzulösen. Nach der Wahl können wir dann endlich die Zehn-Prozent-Hürde absenken und die Menschen können wieder zu ihren Gruppen zurückkehren, aber momentan ist es sehr wichtig, dass wir unsere politischen Kräfte bündeln und keine Wählerstimmen vergeuden.
„Ich will die beste Demokratie der Welt“
The European: Auch heute noch ist die AKP durchaus populär. Viele Türken haben von der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre profitiert und wünschen sich eine stärkere Präsenz des Islam im gesellschaftlichen Alltag. Überschätzen Sie nicht den Grad der Unzufriedenheit?
Baykam: Die Unterstützung für Erdoğan liegt bei etwa 33 Prozent. Aber ich sage Folgendes: Erdoğan hat nie gesagt: „Jeder sollte nach den eigenen Vorlieben leben können.“ Er hat seine Macht konsolidiert und dann Druck auf alle ausgeübt, die nicht mit ihm übereinstimmen. Besucher aus Europa haben meistens nur die friedlichen Straßen gesehen, aber hinter den Kulissen gab es viele Repressionen. Vier Demonstranten sind in den letzten Wochen gestorben. Es gab Verletzte, Menschen haben ihr Augenlicht verloren. Die Polizei hat aus nächster Nähe mit Tränengas direkt auf Demonstranten geschossen und sogar ein Hotel und ein Krankenhaus unter Beschuss genommen. Nicht einmal im Krieg darf man ein Krankenhaus angreifen! Die internationale Gemeinschaft muss jetzt sagen: „Herr Erdoğan, das geht so nicht. Wir zeigen Ihnen, was erlaubt ist und was nicht.“ Erdoğan hat seine Anhänger aufgefordert, auf der Straße gegen die Demonstranten zu kämpfen, anstatt um die Unterstützung der Opposition zu werben. Ein demokratischer Premier würde so etwas nie tun!

The European: Auch Sie sind in der Vergangenheit angegriffen worden …
Baykam: Ich bin von einem Islamisten mit dem Messer attackiert worden und beinahe ums Leben gekommen. Aber ich hatte noch Glück, andere Schriftsteller sind bei ähnlichen Übergriffen gestorben. Ich war ein paar Wochen im Krankenhaus und habe dann wieder begonnen, zu schreiben und zu kämpfen. Wer ohne Freiheit leben muss, der lebt doch gar nicht. Die Polizei kann uns mit Tränengas beschießen, aber sie können uns keine Angst mehr machen. Das Spiel ist aus.
The European: EU-Politiker argumentieren jetzt, dass man den Dialog mit Erdoğan nicht abreißen lassen darf. Glauben Sie, dass der Premier zuhört?
Baykam: Jemand müsste Erdoğan einmal erklären, wie Demokratie funktioniert und dass er seine Glaubwürdigkeit verloren hat. Er scheint zu denken, dass ein Premierminister nach dem Wahlsieg auf niemanden mehr Rücksicht nehmen muss. Er hat Demokratie in Diktatur umdefiniert, er hat keinen Respekt vor Menschenrechten, Minderheitenrechten, Parteipluralismus, Kontrollmechanismen und vor der freien Presse. Erdoğan war sehr überrascht von den Protesten, denn er hatte sich eingeredet, dass er die Opposition zerschlagen habe und dass das Verlangen der Jugend nach Freiheit zerstört sei. Jetzt hat er ein großes Problem: Das Klima der Angst hat sich verzogen. Menschen und Organisationen, die vorher nie gemeinsame Sache gemacht hätten, arbeiten auf einmal zusammen. Die große Frage ist, ob diese Solidarität bis zur nächsten Wahl anhält. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen.
The European: Welche Zukunft wünschen Sie sich für die Türkei? Eine Rückkehr zum Kemalismus? Eine Demokratie nach europäischem Vorbild?
Baykam: Ich will die beste Demokratie der Welt. Ich will keine Demokratie, die lediglich „bon pour l’Orient“ ist, gut für den Orient. Ich will keine „sogenannte Demokratie“ oder „Pseudo-Demokratie“ und ich will auf keinen Fall eine Regierung, die ihre Bürger wie Scheiße behandelt. Ich halte nichts von der Präsidialreform, die Erdoğan anstrebt und die ihm weitere Macht verschaffen könnte. Er wäre dann so etwas wie ein gewählter Sultan. Das will niemand. Ich hoffe daher, dass wir die richtige Balance finden aus einer freien Wirtschaft, gleichen Rechten für alle unabhängig von Hautfarbe oder Geschlecht, sozialdemokratische Rechte, Redefreiheit, Freiheit der Kunst und der Wissenschaft und Frieden. Wir wollen ein Land mit Frieden zu Hause und Frieden in der Welt, wie Atatürk einmal gesagt hat.

The European: Welche Rolle spielt die Religion innerhalb dieses Systems?
Baykam: In einer freien Gesellschaft kann jeder frei entscheiden, welcher Religion er angehören möchte, zu welchem Gott er beten möchte, ob er als Muslim zum Hadsch pilgert oder als Jude freitags zu Hause bleibt. Nur die Gesetze sollten nicht auf der Religion fußen. Das ist Säkularismus. Und wenn religiöse und säkulare Werte gegeneinanderreiben, dann dürfen wir nicht einfach sagen, dass die religiösen Werte unangreifbar sind und Vorrang vor anderen Werten genießen sollten. Wenn ich toleriere, dass jemand zum Beten in die Moschee geht, dann muss ich auch tolerieren, dass ein anderer in die Disko geht, Alkohol trinkt und Sexfilme schaut.
Übersetzung aus dem Englischen.
Hat Ihnen das Interview gefallen? Lesen Sie auch ein Gespräch mit Emmanuel Nahshon: „Wir sind eine Insel der Demokratie im Ozean der Veränderung“
Gespräch von Martin Eiermann mit Bedri Baykam
20.06.2013

 Mehr zum Thema: Demokratie, Tuerkei, Protest

Montag, 24. Juni 2013

Gefährlich: der Verlegenheits-Boss der französischen konservativen UMP kann überhaupt keine Gefühle zeigen??

Da wird ein junger Linker von Neo-Nazis totgeprügelt und der offenbar ultra-
konservative Jean-François Copé macht nach Nach-Wahl skrupellosen 
Wahlkampf ohne jede Gefühlsregung!

Ähnlich wie Christine Lagarde,jahrelange französische Finanz- und Wirtschafts-
ministerin(bis 2011)eben dieser konservativen UMP und aktuell IWF-Chefin.
Menschen mit Gefühl verschlägt es die Sprache,doch die offenkundig mehr oder
weniger versagende Ex-Ministerin scheute schlimmstenfalls nicht mal 1 Sekunde
davor,sich vor ein paar Wochen mit schlauen Ratschlägen an die sozialistische
Regierung in Paris zu wenden.
  • Jean-François Copé – Wikipedia

    Jean-François Copé (* 5. Mai 1964 in Boulogne-Billancourt) ist ein französischer
    Politiker der konservativen derzeitigen Oppositionspartei UMP und seit dem 20 ...
    http://de.wikipedia.org/wiki/Jean-Fran%C3%A7ois_Cop%C3%A9
     
     
    Wenn auch da nicht mit gesundem Menschenverstand gegengesteuert 
    wird,dann kann das noch verheerend und  gefährlich werden!
    Mit herzlichen Grüßen THomas Karnasch  

Freitag, 21. Juni 2013

Streit um Bronzezeit-Exponate: Und was würden die Bronzezeit-Künstler dazu sagen - die spinnen wohl ??

Russland hat damals auch(besonders) eine sehr hohe Opferzahl und eine ebenso
kaum zu begreifende Zerstörung der Heimat infolge des Nazi-Feldzugs gegen die
halbe Welt zu beklagen gehabt! Und Russland hat im Gegensatz zu Deutschland
wohl weit weniger internationale Hilfen beim Wiederaufbau erhalten.
Auch Russland hat besonders zu der Befreiung weiter Teile Europas - und damit
natürlich auch Deutschlands - beigetragen!
Sowas sollte dennoch nie vergessen werden.
Mit herzlichen Grüßen Thomas Karnasch

Streit um Bronzezeit-Exponate:

 

Mittwoch, 12. Juni 2013

Deutsche Wirtschaftsnachrichten protestiert auch nach Merk's Polizeiaktion in ihrem Skandal-Fall Mollath



Polizei-Aktion gegen Ärztin, die sich kritisch zum Fall Mollath äußert
In München wurde eine Medizin-Professorin von der Polizei ausspioniert und gestellt, weil sie sich auf Twitter nachdenklich zum Fall Gustl Mollath geäußert hatte. Der Fall zeigt: Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird auch hierzulande mit Füßen getreten. Der Polizeistaat ist endgültig in Deutschland angekommen. Dies ist eine äußerst gefährliche Entwicklung.
Ihren XING-Kontakten zeigen
Gustl Mollath bei der Wiederaufnahme des Verfahrens am 10. Juni. Der Fall scheint den Behörden so unangenehm, dass sie das Recht auf freie Meinungs-Äußerung beschneiden wollen.
Gustl Mollath bei der Wiederaufnahme des Verfahrens am 10. Juni. Der Fall scheint den Behörden so unangenehm, dass sie das Recht auf freie Meinungs-Äußerung beschneiden wollen.
In München ist die Medizin-Professorin Ursula Gresser ins Visier der Polizei geraten.
Der Grund für den Konflikt der unbescholtenen Medizinerin mit der Staatsgewalt ist atemberaubend: Sie hat sich auf Twitter kritisch zum Fall Gustl Mollath geäußert.
Gustl Ferdinand Mollath wurde zwangsweise in die Psychiatrie eingewiesen, weil ihn das Landgericht Nürnberg-Fürth im Jahr 2006 für gemeingefährlich erklärte. Mollath soll seine damalige Frau misshandelt und die Reifen mehrerer Dutzend Autos zerstochen haben. Mollath selbst sieht sich als Opfer seiner Exfrau und der Justiz, weil er Schwarzgeldgeschäfte in Millionenhöhe aufgedeckt habe.
Anlass ist das Wiederaufnahme-Verfahren im Fall Gustl Mollath (mehr auf Wikipedia). Vor Gericht rechnete Mollath am Montag mit den Behörden ab.
Der Fall beschäftigt eine breite Öffentlichkeit. Dies vermutlich weniger wegen der Details, die für die Außenstehenden schwer zu durchschauen sind, sondern wegen der einschneidenden Maßnahme der Zwangs-Psychiatrisierung.
Richard Gutjahr berichtet auf seinem Blog über den Hintergrund der Ärztin:
Ursula Gresser ist seit 1992 Mitglied der CSU sowie aktives Mitglied in der Frauenunion. Als Sachverständige schreibt sie medizinische Gutachten u.a. für das Amts- und Landgericht München. Bei Twitter ist sie seit 3 Jahren angemeldet. Aktiv twittert sie aber erst seit der Berichterstattung über Gustl Mollath.
Der Fall Mollath kam Gresser von Anfang an suspekt vor. Alles, was sie im Internet über das Verhalten Mollaths gelesen habe, hält sie für an den Haaren herbeigezogen. „Wenn man diese Kriterien auf andere Menschen anwenden sollte”, sagt sie, „dann müsste man halb Sauerlach abholen”. Und die Rolle der CSU? „Gerechtigkeit ist keine Frage einer Partei”.
So beschäftigt sich Ursula Gresser auch öffentlich mit dem Fall Mollath.
Ein simpler Tweet brachte Professor Gresser jedoch in Schwierigkeiten. Der Text:
„Wann Mollath freikommt? Diese Frage könnte man Frau Merk am Mo. 10.06.13 um 19 Uhr im Landgasthof Hofolding stellen.”
Thema der Veranstaltung, auf die sich Gresser bezog:
Facebook & Co. – sicher surfen in sozialen Netzwerken, mit Staatsministerin Dr. Beate Merk.
Dieser Tweet hatte jedoch ungeahnte Konsequenzen für die Professorin. Denn am Montagmittag erhielt die Ärztin Besuch von zwei Beamten der Polizei-Inspektion Ottobrunn. Die Beamten sagten, das Sicherheitspersonal der Justizministerin habe Bedenken in Bezug auf Frau Gresser angemeldet.
Die bayrische Justizministerin hatte sich besonders deutlich hinter das Gericht gestellt und die Kritiker in einer Landtagsrede ziemlich derb abgebürstet (Video hier).
Das Verbrechen: Die Frau Professor hatte einen Tweet abgesetzt, der sie verdächtig macht. Richard Gutjahr beschreibt auf seinem Blog mit schwarzem Humor, wie ahnungslos die Polizisten waren.
Aber der Vorfall ist tiefschwarz und gar nicht lustig.
Ursula Gresser hatte den Fehler begangen, den Namen Mollath in einem Tweet fallen zu lassen. Schon der Name reicht offenbar, um die Nervosität der Politik und Polizei so auf die Höhe zu treiben, dass sie eine Professorin als Sicherheitsrisiko einstufen. Die Veranstaltung der Justizministerin Merk war öffentlich, doch die Justizministerin fürchtete wohl zahlreiche ungebetene Gäste und unangenehme Fragen. Gresser bot den Beamten entsprechend an, den Tweet zu löschen.
Der Fall zeigt, dass wir uns in Deutschland nicht über die Amerikaner zu wundern brauchen. Offenkundig ist auch hierzulande der Überwachungsstaat schon so aktiv, dass selbst ein einfaches Wort auf Twitter die Staatsgewalt in Unruhe versetzt.
Ein Wort, ein Satz reichen – und nervöse Politiker hetzen den Bürgern die Polizei an den Hals. 
Der Fall zeigt, dass es mit der Meinungsfreiheit in Deutschland noch schlechter bestellt ist, als dies von Pessimisten angenommen wurde.
Offenbar werden auch hierzulande bereits erhebliche Mittel dazu verwendet, unbescholtenen Staatsbürgern im Internet nachzuspionieren.
Es handelt sich hier um einen besonders schweren Fall des Übergriffs der Staatsgewalt, weil Frau Gresser von ihrem verfassungsmäßig garantierten Recht auf die freie Meinung Gebrauch gemacht hat.
Schon in den vergangenen Monaten waren ähnliche Fälle des unverhältnismäßigen Einsatzes von polizeistaatlichen Methoden bekanntgeworden (etwa hier gegenüber einer Bloggerin aus Dortmund – hier). Eine weitere Methode ist die der Rufschädigung, wie sie das Umwelt-Bundesamt einigen Klima-Skeptikern angedeihen ließ, weil diese eine andere Meinung haben als das Amt (hier).
Der Münchner Fall ist noch eine Nuance schärfer, weil der Tweet eine gewisse politische Bedeutung hatte. Offenbar haben hunderte Polizisten in Bayern nichts Wichtigeres zu tun haben, als auf Twitter den Bürgern hinterherzuspionieren und deren Aussagen auf politische Zulässigkeit hin überprüfen.
Die Häufung der Aktionen zeigt jedoch vor allem, dass Staatsbeamte und Politiker offenbar eine Strategie verfolgen, im Internet Angst und Schrecken zu verbreiten. Bürger sollen durch solche Aktionen eingeschüchtert werden. Jeder soll sich zweimal überlegen, bevor er etwas Kritisches postet. Die Äußerung der freien Meinung gehört nicht mehr zu den selbstverständlichen Grundrechten, sondern wird von einem durch und durch moralisch verkommenen Staatsapparat als Bedrohung angesehen und bekämpft.
Der Fall Mollath ist schon eine mysteriöse Geschichte.
Der polizeistaatliche Zugriff auf Dr. Ursula Gresser gibt dem Fall eine zusätzliche Dimension: Es soll den Bürgern unter fadenscheinigem Vorwand verboten werden, eine von der offiziellen Doktrin abweichende Meinung zu haben.
Der Überwachungs-Irrsinn ist in Deutschland angekommen: Jeder Bürger ist ein potentieller Terrorist. Als solche sollen sich die Bürger fühlen, so will man sich die Bürger untertan machen.
Diese Entwicklung fordert Widerstand heraus.
Der beste Widerstand manifestiert sich nun in besonders eifrigem Twittern, Bloggen und Schreiben. Denn tatsächlich haben die Verfolger mehr Angst als ihre Opfer: Der Staat weiß genau, dass er im Grunde keine Chance hat, all die Meinungsäußerungen im Internet zu kontrollieren. Daher will man die politische Meinungsäußerung im Keim ersticken.
Je mehr Leute schweigen, umso ruhiger geht es bei den Überwachern zu.
Umgekehrt aber gilt auch: Je mehr Leute sich melden, desto sportlicher können die Bürger den Apparat auf Trab bringen.
Die Geschichte hat gezeigt: Trotz aller Repression haben immer die Bürger den längeren Atem.

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Samstag, 8. Juni 2013

Peinlich: Kritik an ARD-Sendung - ZDF-Mann Kleber vergleicht „Tagesschau“ mit Nordkorea

Im Gegensatz zur Tagesschau schalte ich den von Claus Kleber moderierten
ZDF heute Journal nach Möglichkeit garnicht erst ein.
Nachrichtenübermittlungen an die Bevölkerung sind eine sehr wichtige - also
ernste Angelegenheit!
Und deshalb kommen Nachrichten viel besser ohne zu viel bla bla aus!
Nicht nur bei Claus Kleber wirken Nachrichten unernster.So,dass ich
jedenfalls den Eindruck habe,die Einschalte und nicht die Nachrichten,also das
Informationspflichtgefühl gegenüber den Menschen stehen im Vordergrund.
Das ist jedenfalls bei der ARD Tagesschau anders.

Dennoch finde ich die Nachrichten im ORF,also auch auf 3sat deutlich besser!
Interviewte sitzen nicht selten am selben Tisch und werden für mich in klarerer
Form beinah in die Mangel genommen!
Mit herzlichen Grüßen Thomas Karnasch

= Ist doch auch eher verblödend - wohl von Focus-Online so gewünscht und bezahlt. 

Wenn Informationen verdummen: Die zwölf Gebote des Idiotentums in TV-Nachrichten 

 Freitag, 07.06.2013, 07:32 · von FOCUS-Online-Gastautor

Kritik an ARD-SendungZDF-Mann Kleber vergleicht „Tagesschau“ mit Nordkorea

Donnerstag, 06.06.2013, 17:19
ARD, Marc Bator, Deutschland, Klaus Kleber, kritik, Sat.1, Sendeformat, überholt, Vergleich, ZDF
dpa ZDF-Moderator Claus Kleber hält die „Tagesschau“ für nicht mehr zeitgemäß
Claus Kleber schießt weiter gegen die „Tagesschau“. Nachdem der Moderator die Sendung als überholt kritisiert hatte, wählt er nun einen drastischen Vergleich: Das „trockene Nachrichtenablesen“ gebe es sonst nur noch in Korea.
Einer hat vorgelegt, der andere zieht nach: „heute-journal“-Moderator Claus Kleber und Sat.1-News-Anchor Marc Bator wettern gegen die ARD-Sendung „Tagesschau“. Kleber sagte bei einer Veranstaltung der Kreissparkasse Waiblingen, er sei sich bewusst, dass die Tagesschau der „Goldstandard“ sei. „Aber ich sage auch, das trockene Nachrichtenablesen gibt es heutzutage nur noch um 20 Uhr und im koreanischen Fernsehen.“ Das berichtet der Mediendienst Meedia.de. Kleber monierte, dass US-Kollegen ihn auf die „Tagesschau“ angesprochen hätten – mit den Worten „Was ist das denn?“.

Der moderierende, erklärende angloamerikanische Nachrichtenstil sei ihm ins Blut übergegangen, zitiert das Portal den Moderator. Bei der „Tagesschau“ blieben jedoch kaum Spielräume. „Jemand wie die hochgeschätzte Kollegin Judith Rakers könnte natürlich mehr moderieren und einordnen, aber sie soll nicht.“ Zuvor hatte der ZDF-Mann das Nachrichtenformat bereits als überholt kritisiert.

Marc Bator legt nach: Er erklärte dem „Hamburger Abendblatt“ vom Donnerstag die Gründe für seinen Weggang von der ARD. „Ich möchte, dass jeder Zuschauer die Nachrichten versteht, die ich mache. Da habe ich zwar bei der Tagesschau keinen grundsätzlichen Zweifel, aber es gibt manche Meldung, da wusste ich: Die versteht eben nicht jeder.“ Seine neue Aufgabe sei journalistischer. Bei der Tagesschau sei er dagegen nur als Sprecher tätig gewesen. Allerdings räumte der ehemalige ARD-Nachrichtenmann ein, dass der Erfolg der „Tagesschau“ auch Recht gebe.

Montag, 3. Juni 2013

So war es nicht! Offener Brief gegen die Ausgrenzung gesellschaftlicher Opposition durch Polizei und Teile der Medien

So war es nicht! Offener Brief gegen die Ausgrenzung gesellschaftlicher Opposition durch Polizei und Teile der Medien

-Der „schwarze“Block war bunt. -Die „Vermummung“ bestand vor allem aus Sonnenbrillen und Regenschirmen. -Der unmittelbare Vorwand der Einkesselung von über 1000 Personen über insgesamt 9 Stunden war das Abbrennen von 3 bengalischen Feuern. -Der Vorwurf der „passiven Bewaffnung“ ist aberwitzig und – wie Urteile aus Berlin bereits zeigen – unendlich dehnbar. Schon der Ausdruck „passive Bewaffnung“ verdreht die Tatsachen: ein Styropor-Schild beispielsweise ist ein Schutz, keine Waffe.
Von Occupy Duesseldorf | 3.Juni 2013
Wir, politisch und sozial aktive Menschen aus dem Rhein-Main-Gebiet und TeilnehmerInnen der Demonstration des Blockupy-Bündnisses am 01.06.2013 in Frankfurt am Main, sehen uns angesichts der Darstellungen der Polizei und ihrer teilweise immer noch unkritischen Verbreitung zu einer Stellungnahme veranlasst.
Wir widersprechen den Klischees, wonach die Polizei durch einige „Chaoten“ und „Randalierer“ gezwungen gewesen sei, Maßnahmen zur Herstellung von öffentlicher Ordnung, Gesetz und Sicherheit zu ergreifen. Auch wenn sich erfreulicherweise einige Tageszeitungen diesem Tenor nicht anschließen, entsteht vor allem durch Verlautbarungen der Polizei und deren unkritische Verbreitung in Teilen der Öffentlichkeit doch wieder dieses Bild. Aber es entspricht nicht den Tatsachen. Wir, die VerfasserInnen und UnterzeichnerInnen dieses Briefes, haben an unterschiedlichen Orten an der Demonstration teilgenommen und über Stunden das Geschehen direkt verfolgt und teilweise dokumentiert.
Wir halten fest:
-Der „schwarze“Block war bunt.
-Die „Vermummung“ bestand vor allem aus Sonnenbrillen und Regenschirmen.
-Der unmittelbare Vorwand der Einkesselung von über 1000 Personen über insgesamt 9 Stunden war das Abbrennen von 3 bengalischen Feuern.
-Der Vorwurf der „passiven Bewaffnung“ ist aberwitzig und – wie Urteile aus Berlin bereits zeigen – unendlich dehnbar. Schon der Ausdruck „passive Bewaffnung“ verdreht die Tatsachen: ein Styropor-Schild beispielsweise ist ein Schutz, keine Waffe.
-Im Blockupy-Bündnis bestand erklärtermaßen Konsens, dass von den DemonstrantInnen keine Eskalation ausgehen sollte – entsprechend verhielten sich die DemonstrantInnen, und zwar sowohl außerhalb wie innerhalb des Polizeikessels.
-Dagegen war das Verhalten vieler PolizistInnen in hohem Maße übergriffig und unmittelbar körperverletzend.
-Polizeitrupps sind mehrfach (wie auch schon am Vortag) in die stehende Menschenmenge hineingestürmt und haben DemonstrantInnen überrannt und niedergeworfen.
-Vor unseren Augen ist Menschen ohne Vorwarnung, ohne Beteiligung an einer Rangelei o.ä. und ohne, dass eine Gefahrensituation vorgelegen hätte, Pfefferspray aus unmittelbarer Nähe direkt ins Gesicht gesprüht worden (über die Erblindungsrate der Pfefferspray-Wirkung wird derzeit diskutiert).
-Vor unseren Augen sind wehrlose DemonstrantInnen misshandelt worden, indem ihnen bspw. der Kopf nach hinten gezogen und Mund und Nase zugehalten worden ist. Einige brachen daraufhin zusammen. Sie sind nur Dank der Initiative von TeilnehmerInnen der Demonstration versorgt worden.
-Vor unseren Augen ist Menschen, die an Armen und Beinen zur Personalienfeststellung davon getragen wurden, von den sie tragenden Polizisten in die Seite und in den Unterleib getreten worden.
-Vor unseren Augen wurde Menschen der Hals verdreht und die Arme verrenkt.
-Vor unseren Augen erhielten Menschen, die sitzenblieben, als sie von der Polizei aufgefordert wurden, aufzustehen, ohne Vorwarnung Faustschläge mit Protektorenhandschuhen ins Gesicht.
-Die so vorgehende PolizistInnen waren vermummt und insgesamt gibt es weder Namens- noch Nummernkennzeichnungen, so dass weder die Betroffenen noch wir als ZeugInnen die Möglichkeit hatten, diejenigen PolizistInnen zu identifizieren, die brutale körperliche Gewalt gegen Personen offenbar für ihre Dienstaufgabe halten.
Es geht hier nicht nur um das Recht auf freie Meinungsäußerung und Demonstration. Darüber hinaus geht es um das Recht auf körperliche Unversehrtheit derjenigen, die sich für gesellschaftliche Veränderungen engagieren und demonstrieren. Auf der Demonstration insgesamt, und insbesondere unter den betroffenen Eingekesselten und Verletzten, finden sich viele junge Menschen, jene also, die bekanntermaßen von den aktuellen sozialen Entwicklungen in Europa (Stichwort Jugendarbeitslosigkeit) besonders hart getroffen sind. Diese jungen Menschen – und mit ihnen viele andere Demonstrierende – auf das Klischee der irrationalen Störer zu reduzieren, ist nicht nur konkret unangemessen, es ist insgesamt politisch fahrlässig. Es verunglimpft Menschen, die sich um die krisenhaften Entwicklungen in unseren Gesellschaften in Europa sorgen und die sich deshalb engagieren. Und es behindert und diffamiert die dringend notwendige gesellschaftliche Debatte über eine Neuausrichtung der europäischen Politik in der Perspektive sozialer Partizipation und demokratischer Inklusion.

Dr. Stefanie Hürtgen, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialforschung Frankfurt am Main, Lehrbeauftragte und Dozentin.
Dr. Isolde Ludwig, Mitarbeiterin des DGB-Bildungswerks Hessen.
Dr. Thomas Sablowski, Mitarbeiter des Instituts für Gesellschaftsanalyse der Rosa Luxemburg Stiftung.
Dr. Nadja Rakowitz, Geschäftsführerin des Vereins demokratischer Ärztinnen und Ärzte.
Kirsten Huckenbeck, Redakteurin und Lektorin, Lehrbeauftragte an der Fachhochschule Frankfurt am Main, Bildungsreferentin.
Dr. Margit Rodrian Pfennig, Universität Frankfurt am Main.
Michael Hintz, Buchhändler und Lehrbeauftragter an der Europäischen Akademie der Arbeit und der Fachhochschule Frankfurt am Main.
Michael Burbach, Frankfurt.
Kristina Weggenmann, Diplompädagogin
Dr. Bernhard Winter, Mitglied des Vorstands des Vereins demokratischer Ärztinnen und Ärzte.
Ralf Kliche, Lehrer an der Schule für Erwachsene Dreieich.
Dr. Jürgen Behre, Maintal.
Martin Dörrlamm, Sozialarbeiter Frankfurt am Main.
Edgar Weick, Frankfurt am Main.
Hagen Kopp, Aktivist der Gruppe „kein mensch ist illegal“, Hanau.
Katharina Vester, Frankfurt am Main

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