Donnerstag, 24. April 2014

Putin gesteht, dass auch sein Tschetschenienkrieg ein Verbrechen war

Geht der Präsident der Russischen Föderation allenernstes davon aus, dass
niemand in auch seinem Heimatland Russland diese unbeholfenen Unwahrheiten
durchschaut ??? Immer wieder machen Machthaber praktisch die gleichen
Fehler. Wer stundenlang vor ausgewählten Journalisten redet und nur mehr
vorher genehmigte Fragen stellen lässt, darf sich nicht wundern, wenn die
eigene Welt immer kleiner wird.
Das würde dann die These von Wissenschaftlern aus der ehemaligen
Sowjetunion bestätigen, die sie sehr überzeugend vortrugen.
Mit herzlichen Grüßen Thomas Karnasch

Zweiter Tschetschenienkrieg

Zweiter Tschetschenienkrieg
Eines von vielen Massengräbern in Tschetschenien (2000).
Eines von vielen Massengräbern in Tschetschenien (2000).
Datum 1999 bis 2009, offiziell beendet
Ort Tschetschenien
Ausgang Militärischer Sieg der russischen Streitkräfte, Liquidierung der wichtigsten Anführer der Separatisten
Folgen Etablierung des russlandtreuen Präsidenten Kadyrow, fortwährender Guerillakrieg auf niedrigem Niveau
Konfliktparteien
Russland Russland
Republik Tschetschenien pro-russische Tschetschenen
Flag of Chechen Republic of Ichkeria.svg Tschetschenische Republik Itschkeria
Flag of Jihad.svg Ausländische Mudschaheddin
Der Zweite Tschetschenienkrieg war ein militärischer Konflikt in der russischen Kaukasusrepublik Tschetschenien. Er begann 1999 und ist seit April 2009 offiziell beendet.

Hintergründe

Nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages von Chassawjurt 1996 wurde Tschetschenien de facto, allerdings nicht de jure eine unabhängige Republik. Jedoch rissen die intensiv aus dem Ausland unterstützten islamistischen Gruppierungen bald die Macht an sich. Der 1997 noch demokratisch gewählte Präsident Aslan Maschadow musste schon bald einwilligen, die Schari’a einzuführen, und seine Macht mit den Kriegsherren und ihren wahhabitischen Mentoren aus dem arabischen Raum teilen. Dem Aufbau der staatlichen Exekutivstrukturen widersetzten sich kriminelle Clans. Bis zum Jahr 1999 verwandelte sich Tschetschenien auf diese Weise in ein sicheres Rückzugsgebiet für Mitglieder mafiaähnlicher Vereinigungen, die im ganzen GUS-Raum operierten. Parallel dazu fanden eine erzwungene Islamisierung des öffentlichen Lebens, Übergriffe auf nicht-muslimische Minderheiten und ihr Exodus statt.

Kriegsverlauf

Rund 400 tschetschenische Freischärler unter der Führung von Schamil Bassajew und Ibn al-Chattab griffen am 7. August 1999 die Nachbarprovinz Dagestan an. In diesen Kämpfen (siehe Dagestankrieg) bis zum 26. August 1999 kamen rund 73 russische Soldaten ums Leben und 259 wurden verwundet. Zwischen dem 5. und 15. September 1999 griffen rund 2.000 Kämpfer den dagestanischen Bezirk Nowolakskij an und töteten mehrere hundert Menschen. Am 1. Oktober 1999 marschierte die russische Armee erneut in Tschetschenien ein, um die aus der Sicht Russlands kriminelle und die Rebellen unterstützende Regierung von Aslan Maschadow von der Macht zu entfernen. Schon bald eroberte die Armee den Großteil des tschetschenischen Flachlandes und die Hauptstadt Grosny.
Maschadow und die islamistischen Gruppierungen tauchten in den Untergrund ab und versuchten, sich in die schwer zugänglichen südlichen Gebirgsregionen zurückzuziehen, wo sie sich vor der russischen Armee sicher glaubten. Nachdrängende russische Truppen schlossen jedoch einen Großteil der flüchtenden Rebellen südlich von Grosny ein. Während der überwiegende Teil von ihnen nach der Schlacht um Höhe 776 der Umschließung entkam, wurde ein weiterer Großverband unter dem Kommando von Ruslan Gelajew bei Komsomolskie von Föderationstruppen aufgerieben.
Die eigentliche militärische Phase der russischen Invasion endete demzufolge bereits im Frühjahr 2000. Ihre Truppen blieben jedoch vor Ort stationiert, um eine Rückkehr der Rebellen zu verhindern und sie, wenn möglich, gänzlich aus ihren Rückzugsgebieten zu vertreiben.
Die verbliebenen tschetschenischen Verbände, unter denen sich auch internationale Dschihad-Kämpfer befanden, gingen in der Folge zu einer Guerilla-Taktik über, indem sie kleine Kampfeinheiten (10 bis 50 Mann) bildeten und auf überfallartige Angriffe und Anschläge gegenüber der russischen Armee setzten, bei denen oft auch tschetschenische Zivilisten starben. Ab 2000 traten auch erstmals weibliche Selbstmordattentäter, die so genannten „Schwarzen Witwen“, in Erscheinung. Von Beobachtern werden ausländische Geldgeber als Finanziers der Rebellen vermutet, wobei Georgien aufgrund seiner Lage als Operationsbasis vermutet wird.
2001 startete Russland eine breit angelegte so genannte „Antiterror-Operation“ mit dem Ziel der Zerschlagung des tschetschenischen Widerstandes. In ihrem Verlauf gelang es den Russen nach und nach, wichtige Führungspersonen des tschetschenischen Widerstandes auszuschalten, darunter tschetschenische und internationale Größen wie Ibn al-Chattab, Abu al-Walid, Salman Radujew, Ruslan Gelajew und Aslan Maschadow. Ein Erfolg bei der Auffindung des wohl gefährlichsten Terroristen Schamil Bassajew blieb lange aus, doch am 10. Juli 2006 wurde sein Tod gemeldet. Angeblich wurde er durch eine russische Geheimdienstaktion getötet.
Am 26. September 2002 griffen die tschetschenischen Freischärler unter dem Anführer Ruslan Gelajew die kleine russische Republik Inguschetien an und töteten in dem Dorf Galschki 14 russische Soldaten und 17 Bürger.
Bei der Geiselnahme im Moskauer Dubrowka-Theater vom 23. Oktober bis 26. Oktober 2002 nahmen tschetschenische Selbstmordattentäter, darunter auch mehrere Frauen, unter Führung von Mowsar Barajew etwa 700 Geiseln und forderten die Beendigung des Krieges und den sofortigen Abzug des russischen Militärs. Zur Beendigung des Dramas setzten die russischen Behörden ein zuvor ungetestetes Betäubungsgas (Carfentanyl) ein. Dabei starben alle 41 Geiselnehmer sowie 129 Geiseln: Die bewußtlosen Geiselnehmer durch Genickschüsse der russischen Einsatzkommandos, die Theaterbesucher überwiegend aufgrund der Betäubungsmittelüberdosis und der unzureichenden medizinischen Versorgung nach ihrer Befreiung.
Ein Bombenanschlag auf das tschetschenische Regierungsgebäude in Grosny am 27. Dezember 2002 forderte 72 Todesopfer. Im Februar 2003 erließen die USA Sanktionen gegen tschetschenische Rebellengruppen und setzten sie auf ihre Liste terroristischer Organisationen, unter anderem infolge der Bombenattentate in Moskau. Außerdem wurden Bankkonten eingefroren. Bei einer Volksbefragung in Tschetschenien am 23. März 2003 stimmten laut offiziellem Ergebnis 95,5 % der Bevölkerung für den Verbleib in der Russischen Föderation. Beobachter bezweifelten allerdings die Rechtmäßigkeit des Wahlergebnisses.
Am 5. Oktober 2003 fanden in Tschetschenien Präsidentenwahlen statt. Russlands Präsident Wladimir Putin, der diese Wahlen angeordnet hatte, gelang es, seinen Kandidaten Achmad Kadyrow, den Chef der Verwaltungsbehörde, durchzusetzen, indem er erwirkte, dass alle Kandidaten, die in Umfragen vor Kadyrow lagen, nicht kandidierten. Aslambek Alsachanow bekam als Gegenleistung für den Rückzug seiner Kandidatur einen Posten als Putins Beauftragter in Tschetschenien-Fragen, Malik Saidullajews Kandidatur wurde vom Obersten Gerichtshof für ungültig erklärt. Die Wahl, zu der die OSZE nach offiziellen Angaben aus Sicherheitsgründen keine Beobachter entsandt hatte, wurde sowohl von westlichen Politikern als auch von Menschenrechtsorganisationen als Farce bezeichnet. Kadyrow kündigte an, noch härter gegen seine Gegner vorzugehen.
Sieben Monate später, am 9. Mai 2004, wurde Kadyrow bei einem Bombenanschlag getötet. Putin ernannte daraufhin den tschetschenischen Regierungschef Sergej Abramow zum provisorischen Präsidenten.
Nach einem Radiointerview des von Moskau nicht anerkannten, im Untergrund lebenden Präsidenten Aslan Maschadow im Juni 2004, in dem er eine Taktikänderung bei den Separatisten ankündigte, griffen am 22. Juni 2004 – am symbolträchtigen Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion 1941 – tschetschenische Rebellen erneut die Nachbarrepublik Inguschetien an. Nach Augenzeugenberichten umzingelten etwa 200 schwer bewaffnete Rebellen mehrere Polizeistationen, Posten der Verkehrspolizei und eine Kaserne von Grenzsoldaten und erschossen alle anwesenden Polizisten, Soldaten sowie Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft und des Inlandsgeheimdienstes FSB. In dem Blutbad starben 90 Menschen, darunter 62 lokale Sicherheitskräfte, der inguschetische Innenminister Abukar Kostojew, einer seiner Stellvertreter und der Gesundheitsminister.
Im September 2004 starben bei der Geiselnahme in einer Schule im nordossetischen Beslan nach offiziellen Angaben 338 Zivilisten und Sicherheitskräfte sowie die etwa 30 Geiselnehmer. Das Kommando hatte am Einschulungstag eine große Anzahl von Schülern, Lehrern und Eltern in ihre Gewalt gebracht und drohte mit der Sprengung der Turnhalle, in der sie sich mit den Geiseln aufhielten, falls Russland sich nicht aus Tschetschenien zurückzöge. Der Aktion waren die Entführung und spätere Sprengung zweier russischer Passagiermaschinen mit etwa 90 Menschen an Bord sowie ein Anschlag auf eine Station der Moskauer Metro mit 12 Todesopfern vorausgegangen. Die Verantwortung übernahm jeweils der tschetschenische Rebellenführer Schamil Bassajew.
Am 8. März 2005 gelang es den Russen, den nicht anerkannten Rebellen-Präsidenten Maschadow bei Tolstoj-Jurt zu stellen und im Verlauf der nicht näher aufgeklärten Operation zu töten. Während im Westen in diesem Zusammenhang Warnungen vor einer Radikalisierung des tschetschenischen Widerstandes geäußert wurden, gingen viele russische Beobachter, denen Maschadow als Drahtzieher und Mitorganisator zahlreicher Anschläge galt, von einer Minderung der Zahl der Terrorakte und einer Stabilisierung der Lage aus. Tatsächlich zogen sich die wenigen verbliebenen Rebellen mehr und mehr aus dem Vorhaben eines Krieges gegen Russland zurück. Ihre Zahl wurde je nach Quelle auf etwa 100–200 Mann geschätzt, die in kleinen Gruppen von 2–4 und höchstens 10–15 Mann operieren. Um ihr eigenes Fortbestehen zu finanzieren, sind die Gruppen vermehrt zum Drogenhandel übergegangen.
Am 16. April 2009 wurde auf Anweisung des russischen Präsidenten Dmitri Medwedew Tschetscheniens Status einer "Zone der Ausführung antiterroristischer Operationen" aufgehoben. Mit dem Abzug etwa 20.000 russischer Militärangehöriger liegt die Regierungsgewalt verstärkt beim 2007 vereidigten Präsidenten Tschetscheniens, Ramsan Kadyrow.[1]

Menschenrechtssituation

Auch in diesem Krieg wurden und werden schwere Menschenrechtsverletzungen durch russische Einheiten (Soldaten, Truppen des Innenministeriums, „OMON“-Sondereinheiten) und Rebellen verübt. Seit Beginn des Krieges sind Tausende von Zivilisten, vorwiegend junge tschetschenische Männer, unter dem Vorwurf des Terrorismus verschleppt, gefoltert und ermordet worden. Vergewaltigungen und Plünderungen sowie Erpressungen der Zivilbevölkerung durch die Sicherheitskräfte an den zahlreichen Kontrollpunkten halten an. Seit 2002 sind dafür zunehmend die paramilitärischen, zum Großteil aus ethnischen Tschetschenen geformten Einheiten verantwortlich, die von Ramsan Kadyrow, Sohn des 2003 von Moskau installierten, 2004 jedoch bei einem Attentat getöteten Präsidenten der Republik, Achmad Kadyrow, kontrolliert werden.
2003 wurde Juri Budanow wegen Mordes an der 18-jährigen Tschetschenin Elsa Kungajewa rechtskräftig zu zehn Jahren Haft verurteilt, von denen er gut die Hälfte verbüßte. Budanow war der erste russische Offizier, der wegen eines Verbrechens im Tschetschenienkrieg vor Gericht stand.
Im Mai 2013 recherchierte die Zeitschrift "Die Welt" in Zusammenhang mit einem Flüchtlingansturm aus der Russischen Föderation nach Deutschland. Die "Welt" erfuhr daraufhin aus "Sicherheitskreisen" der Bundesrepublik Deutschland, dass es sich vor allem um Menschen aus der Region Tschetschenien handele. In dem daraufhin erschienenen Artikel, in der die "Welt" ein Mitglied der russischen NGO "Bürgerlicher Beistand" interviewte, berichtete das Blatt, dass es immer noch zahlreiche Menschenrechtsverletzungen wie Entführung, Folter und Vergewaltigung gebe. Viele Fälle würden belegen, dass Tschetschenen von ihren Kompensationen für zerstörte Häuser Schutzgeld zahlen müssten. Außerdem würde der von der russischen Regierung unterstützte Präsident Ramsan Kadyrow das Land mit Gewalt regieren. Die Situation der Frauen wäre besonders schlimm, da "jede junge Frau [...] mit einem Mann aus dem Umfeld von Kadyrow zwangsverheiratet werden [kann], wenn er es will", wie ein Mitglied der russischen NGO "Bürgerlicher Beistand" berichtete.[2]

Sonstiges

Das georgische Pankissi-Tal stand wiederholt im Verdacht, tschetschenisch-islamistische Terroristen zu beherbergen.

Siehe auch

Literatur

  • Arkadi Babtschenko: Die Farbe des Krieges. Rowohlt, Berlin 2007, ISBN 978-3-87134-558-6
  • Arkadi Babtschenko: Ein guter Ort zum Sterben. Rowohlt, Berlin 2009, ISBN 978-3-87134-641-5
  • Heiko Sauer, Niklas Wagner: Der Tschetschenien-Konflikt und das Völkerrecht. Tschetscheniens Sezession, Russlands Militärinterventionen und die Reaktionen der Staatengemeinschaft auf dem Prüfstand des internationalen Rechts. In: AVR, Bd. 45 (2007), S. 53-83.
  • Martin Malek: Russlands Kriege in Tschetschenien. »Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung«, »Antiterror-Operation« oder Völkermord?. Aus: Zeitschrift für Genozidforschung Nr. 5/2 2004, S. 101–129
  • Anna Politkowskaja: Tschetschenien. Die Wahrheit über den Krieg (dt. Übers. der russ. Ausgabe Вторая Чеченская = Der Zweite Tschetschenienkrieg), Dumont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2003, ISBN 3-8321-7832-5
  • Hans Krech: Der Zweite Tschetschenien-Krieg (1999–2002). Ein Handbuch, Verlag Dr. Köster, Berlin 2002, (Bewaffnete Konflikte nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes, Bd. 11), ISBN 3-89574-480-8
  • Johannes Rau: Der Dagestan-Konflikt und die Terroranschläge in Moskau 1999. Ein Handbuch. Verlag Dr. Köster, Berlin 2002, (Bewaffnete Konflikte nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes, Bd. 10), ISBN 3-89574-470-0
  • Yuri Felshtinsky, Alexander Litwinenko: Blowing Up Russia: Terror from within. Acts of terror, abductions, and contract killings organized by the Federal Security Services of the Russian Federation. S.P.I. Books, New York 2002, ISBN 1-56171-938-2
  • Elisabeth Gusdek Petersen: Grosny – Zürich und zurück. Porträts von fünf Jugendlichen aus Tschetschenien, Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2009, ISBN 978-3-280-06105-3

Einzelnachweise

  1. Sonderstatus aufgehoben; Tschetschenien täuscht eine idyllische Ruhe vor, welt.de, 16. April 2009.
  2. http://www.welt.de/politik/deutschland/article116230861/Der-Asylansturm-aus-Tschetschenien-wird-groesser.html

Weblinks

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