Neues Gedicht: Grass kritisiert Griechenland-Politik
Das Gedicht, das an diesem Samstag in der "Süddeutschen Zeitung"
erscheint und der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, trägt den Titel
"Europas Schande". Grass beklagt darin, dass Griechenland "als Schuldner
nackt an den Pranger gestellt" und "unter Schrottwert taxiert" werde.
Es sei ein "rechtloses Land, dem der Rechthaber Macht den Gürtel enger
und enger schnallt".
Das Gedicht besteht aus zwölf je zweizeiligen Strophen. Grass spricht darin Europa direkt an. Das Werk beginnt mit den Zeilen "Dem Chaos nah, weil dem Markt nicht gerecht, bist fern Du dem Land, das die Wiege Dir lieh". Griechenland werde "abgetan": "Als Schuldner nackt an den Pranger gestellt, leidet ein Land, dem Dank zu schulden Dir Redensart war."
Der Autor beklagt, dass Griechenland zur Armut verurteilt sei, ein "kaum noch geduldetes Land". Europa wirft er vor, dem Land den Giftbecher zu trinken zu geben: "Sauf endlich, sauf! schreien der Kommissare Claqueure, doch zornig gibt Sokrates Dir den Becher randvoll zurück", schreibt Grass unter Anspielung auf den griechischen Philosophen Sokrates, der nach einem Todesurteil den Schierlingsbecher getrunken hatte.
Grass spielt offenbar auch auf die deutsche Besatzung Griechenlands im Zweiten Weltkrieg an: Diejenigen, die das Land mit Waffengewalt heimgesucht hätten, "trugen zur Uniform Hölderlin im Tornister". Zum Schluss warnt der Dichter Europa vor einem Götterfluch und mahnt: "Geistlos verkümmern wirst Du ohne das Land, dessen Geist Dich, Europa erdachte."
In seinem Anfang April - ebenfalls in der "Süddeutschen Zeitung" -
veröffentlichten Gedicht "Was gesagt werden muss" hatte Grass Israel
vorgeworfen, als Atommacht den Weltfrieden zu gefährden. Der Iran sei
von einem atomaren Präventivschlag durch Israel bedroht, der das
iranische Volk auslöschen könne. Das Gedicht hatte international für
Empörung gesorgt und Grass den Vorwurf des Antisemitismus eingetragen.
Israel hatte den Autor zur unerwünschten Person erklärt. Grass sah eine
Kampagne gegen sich.
Günter Grass war mit seinem Roman "Die Blechtrommel" (1959) weltbekannt geworden. 1999 erhielt er den Literaturnobelpreis. Grass galt lange als moralische Instanz in Deutschland. Sein spätes Eingeständnis (2006 in seinem autobiografischen Werk "Beim Häuten der Zwiebel"), dass er kurz vor Kriegsende bei der Waffen-SS war, brachte ihm jedoch den Vorwurf ein, viel von seiner moralischen Glaubwürdigkeit verspielt zu haben.
Das Gedicht besteht aus zwölf je zweizeiligen Strophen. Grass spricht darin Europa direkt an. Das Werk beginnt mit den Zeilen "Dem Chaos nah, weil dem Markt nicht gerecht, bist fern Du dem Land, das die Wiege Dir lieh". Griechenland werde "abgetan": "Als Schuldner nackt an den Pranger gestellt, leidet ein Land, dem Dank zu schulden Dir Redensart war."
Der Autor beklagt, dass Griechenland zur Armut verurteilt sei, ein "kaum noch geduldetes Land". Europa wirft er vor, dem Land den Giftbecher zu trinken zu geben: "Sauf endlich, sauf! schreien der Kommissare Claqueure, doch zornig gibt Sokrates Dir den Becher randvoll zurück", schreibt Grass unter Anspielung auf den griechischen Philosophen Sokrates, der nach einem Todesurteil den Schierlingsbecher getrunken hatte.
Grass spielt offenbar auch auf die deutsche Besatzung Griechenlands im Zweiten Weltkrieg an: Diejenigen, die das Land mit Waffengewalt heimgesucht hätten, "trugen zur Uniform Hölderlin im Tornister". Zum Schluss warnt der Dichter Europa vor einem Götterfluch und mahnt: "Geistlos verkümmern wirst Du ohne das Land, dessen Geist Dich, Europa erdachte."
Promotion
Günter Grass war mit seinem Roman "Die Blechtrommel" (1959) weltbekannt geworden. 1999 erhielt er den Literaturnobelpreis. Grass galt lange als moralische Instanz in Deutschland. Sein spätes Eingeständnis (2006 in seinem autobiografischen Werk "Beim Häuten der Zwiebel"), dass er kurz vor Kriegsende bei der Waffen-SS war, brachte ihm jedoch den Vorwurf ein, viel von seiner moralischen Glaubwürdigkeit verspielt zu haben.