Gerd Müller, CSU Der Neue in der Entwicklungshilfe
Scherzbolde haben leichtes Spiel: Der "Bomber
der Nation" als oberster Entwicklungshelfer? Nein, der neue Minister
stammt zwar wie sein Namensvetter aus Schwaben, ist aber
Landwirtschaftsexperte - und für Überraschungen gut.
"Hochzufrieden", so Horst Seehofer, sei er mit den
drei Ministerposten für die CSU. Eine erstaunliche Einschätzung:
Verliert die Partei doch das prestigeträchtige Innenministerium.
Zufrieden sein kann indes die schwäbische CSU, die nach dem Rückzug des
über die CSU-Verwandschaftsaffäre gestolperten Ex-Fraktionschefs Georg
Winter zuletzt unterrepräsentiert war: Der neue
Entwicklungshilfeminister Gerd Müller vertritt die Partei im Wahlkreis
Kempten, Lindau und Oberallgäu.
Seine Berufung ins Entwicklungsressort ist eine
Überraschung: Nicht nur galt das wenig begehrte Ministerium in den
Koalitionsverhandlungen lang als "SPD-Revier" - der 58-Jährige Allgäuer
Müller hat bisher nur als Landwirtschaftsexperte von sich reden gemacht.
Doch mit dem dazu passenden Posten hat Horst Seehofer den glücklosen
Innenminister Hans-Peter Friedrich abgefunden.Damit verfehlt Müller zum
zweiten Mal sein Idealressort: Bereits 2008 war er als Agrarminister
gehandelt worden, als der damalige Amtsinhaber Seehofer bayerischer
Ministerpräsident wurde. Statt Müller kam die prominentere Ilse Aigner
zum Zuge, für die Müller dann als Staatssekretär gearbeitet hat.
Erfahrungen in der EU und der UN
Unqualifiziert ist Müller nicht. Der 58-Jährige
Diplom-Wirtschaftspädagoge und Doktor der Philosophie hat bereits
Erfahrungen auf der internationalen politischen Bühne gesammelt: Von
1989 bis 1994 saß er im EU-Parlament in Brüssel, außerdem hat er Ilse
Aigner bei Konferenzen der Vereinten Nationen vertreten. Auf seiner
Website verbindet er seine Kernkompetenz mit der
Entwicklungsproblematik.
"Nur durch eine innovative Landwirtschaft, durch moderne Technologie und weltweite Kooperation, insbesondere im Bereich der Ausbildung und Fortbildung, können wir das Welthungerproblem gemeinsam lösen."
Gerd Müller
Messlatte auf Null komma Sieben
Gelegenheit zur Profilierung bietet die neue Aufgabe
in jedem Fall. Mehr als andere Ministerien ist das 1961 gegründete
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(BMZ) von Einsatz und Durchsetzungsfähigkeit des Amtsinhabers abhängig.
Müllers Vorgänger Dirk Niebel (FDP) hatte vor seinem
Amtsantritt noch die Abschaffung des Ressorts gefordert. Entsprechend
verfehlte das BMZ das erklärte Ziel, 0,7 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen, um
Längen. Bis 2015 ist die Vorgabe nicht mehr einzuhalten.
Immerhin will die künftige Bundesregierung in den kommenden vier Jahren zwei Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln zur Verfügung stellen, um sich der Vorgabe "anzunähern".
Immerhin will die künftige Bundesregierung in den kommenden vier Jahren zwei Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln zur Verfügung stellen, um sich der Vorgabe "anzunähern".
Heikle Aufgaben - und eine "Jugendsünde"
Schwierig werden dürfte auch die Ausgestaltung der
Richtlinien für fragile Staaten wie Afghanistan, Somalia oder Niger, auf
die sich Entwicklungs-, Verteidigungs- und Außenministerium vor kurzem
verständigt haben. Schwerpunkte der Entwicklungszusammenarbeit sollen
laut Koalitionsvertrag aber im Kampf gegen Hunger und Unterernährung
liegen, wobei auch die Nahrungsmittelspekulationen der Banken im Visier
sind. Sollte Gerd Müller sich gegen die Banker als "Lebensretter"
profilieren, könnte er damit auch bei vielen punkten, denen er seit
seiner Zeit als JU-Vorsitzender suspekt ist: Damals hatte er mit seiner
Forderung nach Todesstrafe für Drogendealer für Proteste gesorgt.
Zur Person
Gerd Müller kommt aus dem schwäbischen Krumbach und ist auf dem Bauernhof aufgewachsen. Nach seinem Studium der Politik- und Wirtschaftswissenschaften sowie der Pädagogik wurde Müller ins bayerische Staatsministerium berufen. 1994 zog er für die CSU in den Bundestag ein.Seit 2005 war Müller Parlamentarischer Staatssekretär, seit 2009 auch Honorarprofessor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden. Zuvor war er außenpolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der CSU-Landesgruppe. Der Katholik ist verheiratet und hat zwei Kinde